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Weltmeister Niels Giffey ist neuer Basketball-Pate bei „Jugend trainiert“

Ein weiteres Berliner Original bereichert den Kreis der „Jugend trainiert“-Botschafterinnen und -Botschafter. Nachdem wir in der vergangenen Woche bereits den Hauptstädter Philipp Herder als neuen Turn-Paten des Schulsportwettbewerbs vorstellen konnten, ist es nun Basketball-Weltmeister Niels Giffey, ebenfalls geboren und aufgewachsen in Berlin, der sich bereiterklärt hat, die Paten-Rolle bei Jugend trainiert für Olympia & Paralympics zu übernehmen. Wir stellen euch den Zweimetermann kurz vor Beginn des Frühjahrsfinales 2024 vor.

Von Kai Gemeinder

Lange ist es her, dass Niels Giffey, Jahrgang 1992, selbst als Schüler des Heinrich-Schliemann-Gymnasiums an den Basketballwettbewerben von „Jugend trainiert“ teilnahm. Das Bundesfinale erreicht hat er dabei nie. „Gegen die Berliner Sportschulen hatten wir keine Chance“, sagt er. Karriere gemacht hat der Ur-Berliner, der lange Zeit für Alba Berlin spielte und derzeit bei Bundesliga-Tabellenführer Bayern München unter Vertrag steht, trotzdem. Und was für eine.

Über seine Sportart Basketball sagt Giffey: „Es war Liebe auf den ersten Blick“. Auch wenn es eine alte Sporthalle war, in der er als Kind trainierte, sei er von Tag eins richtig heiß auf Basketball gewesen. In dieser alten Halle fand er eine „gute Truppe“, hatte Spaß, baute mit der Zeit ein gesundes Selbstbewusstsein auf. „Außerdem habe ich mich mit Hip-Hop und den Klamotten super wohlgefühlt. Das war mehr als Sport, sondern so eine kleine Welt, in die man da eingestiegen ist.“ Schwimmen und Fußball, worin er sich zuvor im Grundschulalter ausprobiert hatte, konnten ihm das nicht geben.

In seiner Jugend spielte Giffey zunächst beim BBC Berlin und den Marzahner Basket Bären, mit deren U16-Mannschaft er 2006 Deutscher U16-Meister wurde. Später wechselte der Forward zu den Alba-Nachwuchsmannschaften und gewann 2009 die deutsche Meisterschaft der Altersklasse U19. Außerdem durchlief er alle DBB-Nachwuchsnationalmannschaften. Auf sein Talent angesprochen sagt er: „Alle, die damals weitergekommen sind, waren talentiert oder physisch stark, hatten eine gute Auge-Hand-Koordination. Dinge, die man braucht.“ Es seien aber weitere Attribute gefragt, um als Leistungssportler voranzukommen: wie engagiert man ist; wie gut man mit Kritik umgehen kann;  wie gut man dem Coach zuhören kann; wie schnell man versteht, was er will; wie schnell man die Sachen umsetzen kann; wie kreativ man ist. Außerdem habe er immer „unglaublich gute Trainer“ um sich herum gehabt und sich in eine Position gebracht, in der er viel Spielpraxis erhielt.

Krankheit, Abitur und eine wegweisende Entscheidung

2010 legte Niels Giffey, der stets ein guter Schüler war und sich nach eigener Aussage auch ein Leben als Forscher hätte vorstellen können, sein Abitur ab. Ein Jahr zuvor litt Giffey am Pfeifferschen Drüsenfieber, war ein halbes Jahr völlig raus aus dem Sport und lebte ein „ganz normales Leben“. Der krankheitsbedingte Ausfall machte ihm bewusst, dass eine Sportkarriere auch ein jähes Ende nehmen kann, und Sport zwar wichtig, aber nicht alles ist. Nach dem Abitur hätte Giffey seinen ersten Profi-Vertrag unterschreiben und in Berlin bleiben können. Doch er hatte andere Pläne und Ziele. Giffey bewarb sich um ein Sportstipendium in den USA und wurde angenommen. Von 2010 bis 2014 wurde die renommierte University of Connecticut zum neuen Zuhause des Basketballers. Gleich in seiner ersten Saison an der UConn gewann Giffey mit der Hochschulmannschaft die prestigeträchtige NCAA Division I Basketball Championship 2011 und war dabei erst der dritte Deutsche mit Einsatzzeit im Endspiel beim Titelgewinn. Zum Ende seiner Hochschulzeit 2014 gewann er mit den Huskies erneut die NCAA-Meisterschaft. Damit wurde er der zweite Deutsche, der die College-Meisterschaft zweimal gewinnen konnte.

Die Zeit in den USA sei für ihn „ein riesiger Schritt nach vorne“ gewesen. „Das Spiel war schneller, alle waren athletischer, alles war größer, nicht nur die Hallen.“ Und ständig befand man sich im Wettbewerb, musste sich beweisen, auch innerhalb des eigenen Teams. An diesen Herausforderungen sei er gewachsen, habe sich auch als Persönlichkeit verändert und weiterentwickelt. Wenngleich Giffey am Ende seiner College-Zeit von keinem NBA-Club in den Kader aufgenommen wurde, hatte der Deutsche in den USA enorm an Stärke und Selbstvertrauen gewonnen. Zurück nach Berlin kam er mit College-Abschluss, sehr gutem Englisch und dem ersten Profi-Vertrag in der Tasche, den er bei Alba unterschrieb. Für die Rückkehr zu seinem Jugendverein hatte sich Giffey entschieden, weil Alba im höchsten europäischen Wettbewerb, der Euro-League, spielte und es ihm wichtig war, sich in Europa mit den Besten messen zu können.

Giffey übernimmt Verantwortung bei Alba Berlin und wird Weltmeister mit Deutschland

Ein halbes Jahr Eingewöhnungszeit habe es schon gebraucht, bis er wieder so richtig in Berlin angekommen sei. Bei Alba spielte Giffey in der Folge von 2014 bis 2021. Ab 2017 übernahm er Verantwortung als Kapitän der Mannschaft, was er neben der Zeit in den USA, seinem Debüt in der Nationalmannschaft (2013) und dem Unterschreiben des ersten Profi-Vertrags (2014) als vierten Meilenstein seiner Karriere aufzählt. Sportlich folgten mit Alba zwei Deutsche Meisterschaften 2019/20 und 2020/21 sowie der Pokalsieg 2020. Nach kurzen Episoden bei Clubs in Litauen und Spanien wechselte Giffey 2022 zu Bayern München, feierte 2023 und 2024 zweimal in Folge den  Deutschen Pokalsieg und thront mit den Münchnern derzeit an der Tabellenspitze der Bundesliga.

Die allergrößten Erfolge aber feierte Niels Giffey nicht im Vereinssport, sondern mit der Nationalmannschaft. 2022 gewann Deutschland bei der Heim-Europameisterschaft Bronze, 2023 folgte die größte Sensation in der Geschichte des deutschen Basketballs: der Weltmeister-Titel – und das nach acht Siegen in acht Spielen, darunter dem dramatischen 113:111-Halbfinaltriumph über die USA und dem 83:77-Sieg im Endspiel gegen Serbien. „Das war Wahnsinn, einfach Wahnsinn“, sagt Giffey. Besonders gerne erinnert er sich an eine Szene nach der Siegesfeier in Manila zurück. Alle saßen beschwipst und gut gelaunt im Schein der aufgehenden Morgensonne auf dem Bürgersteig und warteten etwa 20 Minuten auf Taxen, die den Tross von 30 bis 40 Leuten zurück ins Hotel bringen sollten. „Da spürst du einfach die enge Verbundenheit in der Mannschaft, und was sie miteinander erreicht hat. Das war der Moment, wo ich einfach nur pures Glück empfand.“

Viele Spieler der Weltmeister-Mannschaft begleiten Niels Giffey schon sein halbes Leben lang. Deshalb fühlte er sich dort, auf dem Bürgersteig in Manila, als er in die Gesichter seiner Teamkollegen schaute, nicht nur an die jüngsten Ereignisse rund um das WM-Turnier erinnert, sondern auch an seine Jugend und die Teenagerjahre in Berlin. „Da hast du auch manchmal einfach nur Zeit miteinander verbracht, miteinander rumgehangen, musstest nirgendwo hin, warst als Truppe zusammen.“

Glücksmomente in Berlin und Paris?

Vielleicht erleben bei „Jugend trainiert“ einige der rund 2.800 Sporttalente aus 358 Schulteams am Freitag dieser Woche auf Berlins Straßen im Kleinen etwas Ähnliches – wenn auch nicht im Morgengrauen. Am Ende von vier ereignisreichen Tagen beim Frühjahrsfinale 2024, wenn alle 24 Titelträger feststehen und die sportliche Reise nach der Siegerehrung und Party in der Max-Schmeling-Halle allmählich ihren Abschluss findet, werden auch die Schülerinnen und Schüler womöglich zusammensitzen und einen Moment des Glücks empfinden. Ob sie ihn bewusst wahrnehmen oder erst Jahre später als solchen begreifen, sei dahingestellt. Aber das Gefühl, als Team bei etwas Großem dabei gewesen zu sein, spüren viele. Das bestätigen ehemalige Teilnehmerinnen und Teilnehmer immer wieder. Und nicht wenige Spitzenathletinnen und -athleten bezeichnen die erfolgreiche Teilnahme an einem „Jugend trainiert“-Bundesfinale in Berlin als einen wichtigen Meilenstein der eigenen Karriere. Im Fall von Niels Giffey ist das freilich nicht so. Er hat ja kein Bundesfinale als Schüler erlebt. Dafür aber vieles andere. Und wer weiß: Vielleicht sitzt er mit seinen Nationalmannschaftskollegen in ein paar Monaten auf einem Bürgersteig in Paris, empfindet einen Moment des Glücks und denkt an die vorangegangenen Spiele bei Olympia und seine Jugend in Berlin zurück.

 

© Deutscher Basketball Bund

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